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Der Teepilz Kombucha, dessen Heimat im Fernen Osten vermutet wird,
hatte sich im Laufe der Zeit nach Rußland ausgebreitet.
In der Zeit des Ersten Weltkriegs dehnte sich die Verwendung des
Teepilzes immer weiter nach Westen aus. Russische und deutsche
Kriegsgefangene scheinen bei der Weitergabe der Kulturen eine
große Rolle gespielt zu haben. Mitte der 20er Jahre ist
der Teepilz in Deutschland als Haus- und Heilmittel weit verbreitet.
Dr. Harms (1927) erwähnt, das der Teepilz in einigen Gegenden
Deutschlands z.B. im westfälischen Industriegebiet, schon
weit verbreitet ist. Danach „ist der Pilz in vielen Kreisen
ein begehrtes Objekt, das gerne weitergegeben und viel verlangt
wird." In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen fand
der Teepilz in Deutschland eine große Verbreitung. Er wurde
unter verschiedenen Phantasienamen wie „Mo-Gû"
oder „Fungojapon" in den Apotheken verkauft.
Aus Polen haben wir Nachrichten über den Teepilz aus der
Zeit des Ersten Weltkriegs. Waldeck erzählt 1927, das ihm
während des Krieges ein polnischer Apotheker, bei dem er
einquartiert war, einen milden, aber prompt wirkenden Abführtrank
bereitet habe - mit Hilfe eines russischen Geheim- und Hausmittels,
des sogenannten „Wunderpilzes", „Wolgapilzes"
oder „Teekwaßpilzes". Hier ist sein unterhaltsamer
Originalbericht:
"Es war im Weltkrieg im Jahre 1915. Ich lag in einer Apotheke in
Russisch-Polen im Quartier. Da ich infolge der schweren Feldkost
an einer hartnäckigen Verstopfung litt, suchte ich meinen
ganz gut deutsch sprechenden, aber ziemlich verschlossenen Quartierwirt
auf und bat ihn, mir etwas Rizinusöl gegen Bezahlung zu überlassen.
Der Apotheker erwiderte, daß er kein Gramm dieses Heilmittels
mehr an Lager habe, weil die Militärbehörde seinen ganzen
Vorrat beschlagnahmt habe. Auf meine Frage, ob er mir nicht sonst
ein leichtes unschädliches Abführmittel verabfolgen
könne, sah er mich erst eine Weile scharf und prüfend
an, dann meinte er geheimnisvoll flüsternd, wenn ich ihm
etwas Tee, Zucker und Kognak oder Rum besorgen wolle er mir ein
sicher wirkendes „Wundertränkchen" brauen. Gespannt
holte ich aus meinem Feldkoffer das Verlangte. Der Apotheker schüttete
sich aus meiner Kognakflasche ein Likörglas voll heraus,
entnahm meinem Tee- und Zuckervorrat je einen Eßlöffel
voll und verschwand in einer dunklen Nebenstube. Wenige Augenblicke
später kam er mit einer ziemlich unsauberen Teekanne wieder
und füllte mir aus dieser eine mittelgroße Medizinflasche
voll ab. Da ich die trübe, teeartige Flüssigkeit wohl
recht mißtrauisch betrachtete, schenkte er sich selbst ein
Likörglas voll ein und schlürfte den bräunlichen
Inhalt schmatzend herunter.
Auf meine neugierige Frage, aus was dieser Trank bereitet sei,
antwortete er nur: „Aus Wunderpilz!" Auf meine weitere
Frage, was das denn für ein merkwürdiger Pilz sei, meinte
der Apotheker verschmitzt: „Das ist mein Geheimnis!"
Ich solle von diesem Trank abends und morgens je eine halbe Tasse
voll nehmen. Auf meinem Zimmer angelangt, prüfte ich, immer
noch etwas vorsichtig, das russische „Zauberpilz-Tränklein".
Es roch etwas weinartig-alkoholisch und schmeckte gar nicht unangenehm
süß-säuerlich. Sicher hätte ich es noch mit
etwas mehr Appetit zu mir genommen, wenn es nicht so trüb
ausgesehen hätte, und wenn wir nicht damals täglich
in den Korpstagesbefehlen vor der Ansteckung mit Typhus und Cholera
gewarnt worden wären. Doch ich würgte tapfer eine halbe
Tasse voll hinab.
Am anderen Morgen trat prompt die erwünschte milde, befreiende
Wirkung ein, ohne daß es mir, wie bei manchen anderen Abführmitteln,
im Magen irgendwie unangenehm zu Mute gewesen wäre. An den
nächsten Tagen konnte ich noch zwei anderen Kameraden, die
an dem gleichen Übel wie ich litten, mit dem besagten „Zaubertränklein"
helfen.
Am Tage, ehe wir nach Osten weiter abrückten, kam mein Quartierwirt
in großer Aufregung in mein Zimmer hereingestürzt.
Österreichische Soldaten wollten ihm eine letzte Kuh, die
er bislang ängstlich hinter der Kräuterkammer versteckt
gehalten hatte, requirieren. Ich legte mich ins Mittel und erreichte,
daß die Soldaten, die keinerlei Ausweis für Beschlagnahmung
vorzeigen konnten, von dem Apotheker und seiner mageren Kuh abließen.
Als Gegenleistung verlangte ich, daß mein Quartierwirt den
richtigen Namen und die Zusammensetzung des sogenannten Zaubertrankes
nennen müsse.
Die Freude darüber, daß er seine Kuh behalten konnte, hatte dem sonst sehr wortkargen Manne die Zunge gelöst. Er gestand mir, daß es sich um ein nur wenigen bekanntes, russisches Geheim- und Hausmittel, um den sogenannten Wunder- oder Wolga- oder Tee-Kwaß-Pilz handele. Ähnlich wie man mit den bekannten Kefirkörnern aus Milch das säuerlich schmeckende und sehr wohlbekömmliche Kefirgetränk bereite, dadurch daß man die Milch mit der schleimig-gelatinösen Kefirpilz-Kultur "impft", so übertrage man auch von den schleimigen Massen dieses Wunderpilzes eine Kleinigkeit in gesüßten Tee. Dieser verwandele sich dann nicht im Augenblick, wie er mich damals glauben gemacht habe, wohl aber nach einigen Tagen unter gärungsartigen Erscheinungen in jenes Getränk, das er mir abgegeben habe. Da er selbst an habitueller Obstipation leide, lasse er das Mittel nie ausgehen, zumal es noch für alle möglichen. Leiden gut sei und ähnlich wie Kefirmilch oder Yoghurt infolge seiner natürlich gebildeten Säure die Altersbeschwerden erfolgreich bekämpfe und so zur Verlängerung des Lebens beitrage. Unter den wenigen Eingeweihten habe der Wunder- oder Teepilz, wie er kurz genannt werde, sich große Beliebtheit erworben.
Zum Dank für mein tatkräftiges Einschreiten übergab
mir der Apotheker am anderen Morgen beim Abschied ein kleines
Weithalsfläschchen, in dem sich eine zähe, schleimige
Masse befand. Dies sei die Teepilz-Kultur. Aus ihr könnte
ich mir beliebig oft und beliebig viel „Wundertrank"
zubereiten."
Soweit der Bericht von Dr. Waldeck. Dazu folgende Anmerkung: Tee,
Zucker und der Kombucha-Teepilz sind die erforderlichen Zutaten
für das in der Volksmedizin gepriesene Kombucha-Getränk.
Der polnische Apotheker setzte zusätzlich Kognak oder Rum
hinzu. Dies ist keinesfalls erforderlich.
Sie haben es einfacher als damals Dr. Waldeck. Sie können
sowohl das fertige Getränk als auch einen Teepilz zur Selbstherstellung
des köstlichen und dazu gesunden Kombucha-Kwaß bekommen.
Auch die erfolgreiche Zubereitung, die lange Zeit als strenges
Geheimnis gehütet wurde, wird Ihnen verraten.
Behandeln Sie Kombucha nicht wie der polnische Apotheker als Ihr
persönliches Geheimmittel. Wenn Sie durch den Tee-Kwaß
Gutes erfahren haben, dann sollten Sie es als Ihre moralische
Pflicht ansehen, auch anderen Menschen davon zu erzählen.
„Gegenseitige Hilfe macht selbst arme Leute reich" sagt
ein Sprichwort aus China, der vermuteten Heimat des Kombucha-Teepilzes.
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