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Ein Artikel von Günther W. Frank
In meinen Büchern und Veröffentlichungen empfehle ich als Grundrezept den grünen Tee (Camellia sinensis) – also den unfermentierten Schwarztee. Von Teesorten mit viel ätherischen Ölen rate ich eher ab. Das hat einen Grund: Ätherische Öle aus bestimmten Teekräutern können die Entwicklung der Mikroorganismen des Teepilzes hemmen.
Im Allgemeinen wirken ätherische Öle antimikrobiell, d.h. wachstumshemmend und abtötend auf Bakterien und Pilze, z.B. Anis-, Pfefferminz-, Lavendel-, Eukalyptus-, Nelken-, Fenchel- und Thymianöl.
Trotz der Vorteile des Grüntees als Nährlösung gibt es genügend Leute, die Kräutertee zur Zubereitung verwenden - sei es, dass sie schwarzen Tee nicht vertragen, sei es, dass sie neben der Wirkung des Teepilzes zusätzlich noch die Heilkräfte der Kräuter einbringen wollen oder aus welchen Gründen auch immer.
Als ich mit Kombucha anfing, war ich bestrebt, dem Kombuchapilz die optimalen Bedingungen zu verschaffen, ihm also Teeblätter mit ätherischen Ölen weitgehend nicht zuzumuten.
Heute sehe ich diesen Aspekt aus Erfahrung nicht mehr so fanatisch. Das kam so: Menschen sind neugierig, probieren aus – auch meine Frau. Sie experimentierte und bereitete unser Kombuchagetränk mit frischer Zitronenmelisse direkt aus dem Garten (Tee aus getrocknetem Melissenkraut ist bei weitem nicht so gut). Das damit produzierte Getränk erwies sich als köstlich, schmackhaft, vortrefflich. Es überzeugt und begeistert jeden Besucher, der Kombucha zum ersten Mal trinkt.
Die Zubereitung des Zitronenmelisse-Kombucha erinnert mich an folgende Parabel:
Die Hummel hat 0,7 cm² Flügelfläche und wiegt 1,2 Gramm.
Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich,
bei diesem Verhältnis zu fliegen.
Die Hummel weiß das aber nicht und fliegt trotzdem.
Auch der neue Teepilz (das „Kombucha-Baby“) gedieh anfangs ohne Probleme, trotz der ätherischen Öle in der Zitronenmelisse. Gerechterweise muß ich jedoch erwähnen: Meine Frau und andere Kombuchafreunde berichteten mir, dass die neue Pilzscheibe zwar wächst, allerdings nicht so schön und dick und nicht so schnell wie bei der klassischen Methode.
Ich erkläre mir die Beobachtung so: Ein robuster, lebenskräftiger Kombuchapilz, dem auch sonst förderliche Bedingungen geboten werden, wird mit Umständen fertig, die ihm theoretisch eigentlich schaden sollten. Eine schwächliche Pilzkultur, die womöglich noch unter ungünstigen Konditionen arbeiten muss, wird wohl auf Kräutertees mit wenig ätherischen Ölen angewiesen sein.
Es ist wie bei den Menschen: Es gibt die „deutschen Eichen“, die sich durch widrige Lebensumstände, Stürme und Unbill nicht unterkriegen lassen. Es gibt unter den Menschen aber auch die empfindsamen „Mandelbäumchen“, die unter widerwärtigen Bedingungen nicht gedeihen.
Fazit:
1. Das altbewährte klassische Rezept mit Grünem Tee oder Schwarztee ist richtig und zum Züchten einer neuen Pilzscheibe auf jeden Fall zu empfehlen. Damit sind Sie auf der sicheren Seite.
2. Wenn Sie aus bestimmten Gründen ein besonders wohlschmeckendes Kombuchagetränk erzielen wollen, könnten Sie versuchsweise Zitronenmelissetee verwenden.
3. Wenn Sie mit dem Zitronenmelissekombucha zufrieden waren, könnten Sie erwägen, künftig nur Zitronenmelisse verwenden. Vielleicht kann sich die Pilzkultur nach und nach an die Zitronenmelisse-Nährflüssigkeit adaptieren.
4. Als Alternative bzw. Kompromiss könnten Sie auch versuchen, dem Grünen Tee zur Geschmacksverbesserung nur ein paar Melissenblätter zuzufügen,
5. Sie sehen: Es gibt Raum für eigene Experimente. Vorsichtshalber sollten Sie als Sicherung („Backup“) eine nach der klassischen Methode produzierte Kombuchakultur einschließlich Starterflüssigkeit aufbewahren
Wohl bekomm’s!
Günther W. Frank (2020)
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